„Verrücktes Blut“ auf der Bühne - ein voller Erfolg
12.06.2016Aufführung der Theater-AG Senior reißt Spieler und Zuschauer von den Stühlen
Eine Bühne, 1,5 Stunden und 13 junge Talente: Die beiden Aufführungen der Theater-AG Senior am vergangenen Mittwoch und Donnerstag, 8. und 9.6., versetzten sowohl die Schauspielerinnen und Schauspieler als auch das Publikum 1,5 Stunden in einen Zustand (mitunter atemloser) Spannung: Wenn Milena Michalak (Q1) als idealistische Lehrerin Sonia Kehlich in einem Zustand der Verzweiflung zur Waffe greift, um ihre widerspenstigen Schüler mit Migrationshintergrund von der Wichtigkeit der deutschen Literatur zu überzeugen, bleibt kein Auge trocken. Die scharfzüngigen Dialoge, das Spiel mit Klischees und ihren Brüchen und die großartige Darstellungsleistung von Milena alias Frau Kehlich lassen die Zuschauer zwischen Lachen und Erschrecken schwanken.
Frau Kehlichs Wunschträume, in denen Vorzeigeschüler Vorträge wie aus dem Bilderbuch gestalten (hier ließen Julius Kuhmann, Benedikt Klofat, Iman Zaher, Joana Schulte Hullern (alle Q2) und Eric Schmidt (Q1) die ersten Lachtränen im Publikum rollen) haben rein gar nichts mit der Realität zu tun, in der sie sich mit vermeintlich renitenten Kopftuchträgerinnen (sehr überzeugend verkörpert durch Verena Uhlending und Joana Schulte Hullern, Q2), pöbelnden Arabern (Wenzel Nitsche, Klasse 9c, Eric Schmidt, Q1 und Nina Pierick, Q2) und leicht zurückgebliebenen Türken (hier gewannen Agnes Probst aus der Q1 und Benedikt Klofat aus der Q2 die Sympathien des Publikums) auseinandersetzen muss. So ergreift Frau Kehlich beherzt die Gelegenheit, die sich ihr bietet, als zwei ihrer Schüler (leidenschaftlich gespielt von Karin Bär, Q1 sowie Nina Pierick, Hariett Claes und Julius Kuhmann aus der Q2) eine Waffe mit in die Schule bringen, um die „Integrationsverweigerer“, die „Ghettogangster“ zu vorgeblich besseren Menschen zu erziehen. Als Zuschauer wartet man gebannt, ob sich der Erziehungserfolg denn einstellen möge und muss immer wieder die eigenen Vorstellungen und (Vor-)Urteile revidieren – Identifikation ist hier nicht gefragt, sondern die kritische Ausei-nandersetzung mit dem eigenen Menschenbild.
Das ganze Ensemble spielte hochkonzentriert und bewältigte die zahlreichen Rollenwechsel, die Gesangeinlagen und die raschen Handlungswendungen mit Bravour – zurecht belohnt mit stehenden Ovationen bei der Premiere. Eigentlich haben alle Anwesenden nur eines auszusetzen: Dass das Stück nur zweimal auf die Bühne gebracht werden konnte…