Clemens-Brentano-Gymnasium
Dülmen
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Die Welt der Homines empathici
Jackie, Ulli, Chris und Momo studieren gemeinsam im Park auf der Wolldecke.

Die Welt der Homines empathici

16.03.2018

Senior-Theater-AG "Close up to theatre" präsentiert "Homo empathicus" vor vollbesetzter Aula

 

„Wie schön, Dich heute Abend hier begrüßen zu dürfen!“ Zwischen den ankommenden Gästen bewegen sich, freundlich grüßend, in weißem Uni gekleidete Menschen durch das Foyer der Aula des Clemens-Brentano-Gymnasiums. An den Stellwänden hängen Bilder aus einer anderen Welt – der Welt des „Homo empathicus“. Langsam tauchen die Zuschauer, die an diesem Abend den Vorstellungsraum betreten, in die Welt dieser freundlichen, neuen Menschenart ein: Die Senior-Theater-AG „Close up to theatre“ des CBGs hat für die diesjährige Inszenierung des Schauspiels „Homo empathicus“ der zeitgenössischen Autorin Rebekka Kricheldorf die Aula in eine Parklandschaft verwandelt. An zahlreichen Bäumen hängen weiße Kraniche, die Bühne ragt weit in den Zuschauerraum hinein und bietet den 20 jungen Schauspielern auf drei verschiedenen Ebenen viel Raum, um die Welt der Homines empathici vorzustellen.

 

Das Licht geht aus. Plötzlich strömen sie von überall her zusammen, begrüßen sich und freuen sich, sich zu sehen. Jackie, Chris, Ulli und Momo (Nina Schneider, Sarah Nienhaus, Hadi Zaher und Leandra Schmelter), die vier Studierenden, setzen sich zusammen auf den Rasen und tauschen sich liebevoll aus, korrigieren sich mit größtem Verständnis bei einem Missverständnis und helfen sich dann gegenseitig beim Lernen. „Wie schön – eine Welt, in der man sich einig ist“, mag sich der ein oder andere Zuschauer dabei gedacht haben. Doch von Anfang an wirkt diese Lebensgemeinschaft etwas seltsam: So ist nicht klar, ob Jackie, das Studierende (!) eine junge Frau oder ein junger Mann ist – allein an der Haarlänge wird dies deutlich. Ansonsten sind alle in schlichte, weiße Kimono-Gewänder gehüllt und tragen allesamt ihr Haar nach hinten. Diese Welt der Harmonie und Freundlichkeit, Empathie und Einfühlsamkeit ist nur scheinbar schön! Gefühle, die zum menschlichen Wesen dazugehören, werden unterdrückt: So wird das Studierende Chris von seinen Freunden bedrängt, seine „Uneinigkeit mit sich selbst“ bei Doktor Osho (Sophie Aurich), dem „Wegsprechenden“ der Homines, kurieren zu lassen. Negative Empfindungen werden ebenso ignoriert wie die geschlechtliche Zugehörigkeit und individuelle Unterschiede. Selbst bei ihrer Ernährung werden die Homines von ihrem „Ernährenden“ Charlie (Kyra Wöstmann) scheinbar liebevoll korrigiert.

 

Bemerkenswerte schauspielerische Leistung

 

Während der einzelnen Szenen kann der Zuschauer stetig diese Welt näher kennenlernen. Auch in Hintergrundbewegungen agieren Schauspieler mit bemerkenswerter Energie. „Das ist eine wirklich tolle Leistung der Jugendlichen“, bemerkt Schulleiterin Meike Verwey, selbst lange Jahre in der Theaterarbeit tätig. So sieht man Tony (Lennard Richter), das Hygienespezialisierte, liebevoll sein „kleines Reich“, das als „Hygienezentrum“ bezeichnete Klöchen, pflegen. Sascha meditiert hingebungsvoll, Claude, Leslie und Kim mit ihrem Baby  (Michelle Meisen, Marius Michalak und Kyra Wöstmann) machen gemeinsame Vertrauensübungen. Raja (Rene Krisanov), das Sportliche, flitzt immer wieder durch den „Park“ und erntet für seine sportlichen Leistungen nach seinem Salto Zwischenapplaus. Und Fabien (Hadi Zaher) lädt freundlich wiederholt zum abendlichen Theaterstück ein.

 

„Wir haben uns zum Einen wegen der Tiefgründigkeit für das Stück entschieden; ein weiterer Grund war jedoch auch die für die Schauspieler große Darstellungsmöglichkeit – jeder von unserer Theater-AG hat die Möglichkeit sich zu präsentieren, jeder hat seine Szene, seinen Auftritt und jeder konnte sich in Hintergrundbewegungen und Gemeinschaftsszenen so einbringen, wie er es für sich wollte“, erzählen Judith Bomas und Michaela Hackenberg, die die AG leiten.

 

Ein Gongschlag ertönt und die Homines empathici wenden sich freundlich lächelnd und erwartungsvoll zum Publikum. Von hinten kommt Sam (Wenzel Nitsche) und streichelt Lu (Julia von der Haar) über den Kopf, beide gehen weiter, bis alle Empathici in einem Kreis stehen und gemeinsam Vokale singen. Plötzlich brechen sie in ein extatisches Lachen aus – leichtes Unbehagen fühlt der Zuschauer. Doch durch dieses Ritual in ihrer Gemeinschaft gestärkt können die Homines nun ihren Aufgaben zum Wohle ihrer Gemeinschaft weiter nachgehen.

 

Kreativität und Vertrauen schaffen vielseitige Inszenierung

 

Die Gruppe war insgesamt sehr kreativ und fleißig: So wurden zum Beispiel zahlreiche, weiße Vögel gemeinsam gefaltet, um Doktor Oshos Freiluftpraxis zu gestalten. Das Programmheft gestaltete Lina Hage Moussa. Bei der Szenenentwicklung zeigte sich, dass die große Nähe und das tiefe Vertrauen in der Gruppe diese in ihrer schauspielerischen Darstellungskraft beflügelten: In der Vorstellung zeigen Chris (Sarah Nienhaus) mutig eine erotische Annährung, Sascha (Finn Mordhorst) und Alex (Marius Michalak) präsentieren sich als verliebtes Schwulenpärchen.

 

"Hell is your private creation"

 

Im zweiten Teil gewinnt das Stück zunehmend Dynamik – Leslie, das Geschäftsmensch, ist in seinem Arbeitsumfeld degardiert worden und soll nun mit seinem neuen Chef an der Supervision von Meister Moo (Nina Schneider) teilnehmen. Hier zeigt sich, ebenso wie bei Alex, eine zunehmende Ablehnung des Systems. Auch Chris beginnt zu zweifeln. So ist im zweiten Gemeinschaftsritual schon deutlich, dass einzelne Homines nicht mehr auf Linie sind. Doch nach der Vorlesung von Vordenker Professor Möhringer (Farina Nagel) über die Spiegelneuronen scheint die Welt wieder in Ordnung.

 

„Wir wollten mit der Szene von Möhringers Vorlesung das Publikum mit einbeziehen“, erklären die Schauspieler. So wandert Farina Nagel in ihrer Rolle mit Mikrophon durch das Publikum und erklärt, wie wichtig Empathie ist, um alle auf die Spiegelneuronen einzuschwören – die neurobiologische Grundlage der Empathie.

 

Wohlig eingestimmt taucht plötzlich ein Mensch auf, eine Frau, in knalligem Rot schwankt sie betrunken auf die Bühne zu. Die Empathici sind entsetzt – ein Wesen, das offen sein Geschlecht präsentiert. Kaum ist Eva (Soraya Touati) verschwunden, taucht ein Mann auf, trinken, rauchend und fluchten stolpert er auf die Bühne. Entsetzt beginnen die Homines, ihn zu befragen. Es stellt sich heraus, dass dieser Mensch, Adam (Kim Sicking), seine Frau sucht. Unter Analyse von Möhringer und Osho stellt sich heraus – es handelt sich bei Adam und Eva um die ausgestorbenen „Wilden“. „Als Möhringer seinen Vortrag über die Wilden gehalten hat, ist mir schon etwas mulmig geworden – das sind ja, zugegeben überspitzt, aber doch erkennbar – wir Menschen!“, erzählt Gudrun Groll, eine Zuschauerin.

 

Schwesterbruder Charity (Carolin Bakin) versucht, mit Oxytocin Adam empathisch zu stimmen, doch Versuch schlägt fehl. Camille, Luca und Kay (Greta Uckelmann, Lena Strietholt und Lara Schmidt) stellen gemeinsam fest, dass diese „Wilden“ nicht zur Gemeinschaft der Homines passen. Die ach so Empathisch-friedlichen beschließen – den Mord! Doch genau in dem Moment, als sie Adam und Eva ersticken wollen, tritt Fabien hervor und entlarvt die „Wilden“ als seine Schauspieler – und so entlarvt sich die Gesellschaft im dritten Gemeinschaftsritual als brüchig und zeigt damit eindrucksvoll, dass zwanghafte Harmonie zur Hölle werden kann.

 

Lang anhaltender Applaus und "Bravo"-Rufe

 

Die Schauspieler wurden mit langanhaltendem Applaus und vielen „Bravo“-Rufen belohnt. Eine bemerkenswerte Leistung vollbrachten auch die vier jungen Techniker, Moritz Dechert, Kilian Stroot, Michel Sommer und Yannick Kohlpoth, die Licht und Ton gekonnt inszenierten.

 

An dieser Stelle sei noch einmal ein Dank ausgesprochen:

 

  • An Herrn Rövekamp, der die Bäume organisierte
  • An Blumen Fimpeler für die Pflanzen zur Dekoration
  • An Viven Vervey für das Plakatdesign
  • Und vor allem an Hausmeister Bernhard Sunderhaus – ohne ihn hätte es die Bühne so gar nicht gegeben.
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